Offener Brief an die Koalitionäre

An:

AG Energie

: Hannelore Kraft (SPD), Peter Altmaier (CDU) und Koll.

AG Wirtschaft

: Ilse Aigner (CSU), Hubertus Heil (SPD) und Koll.

cc/ Bundestagsabgeordnete; Umweltministerien der Länder; Presse

Sehr geehrte Frau Kraft, sehr geehrte Frau Aigner,

sehr geehrter Herr Altmaier und sehr geehrter Herr Heil,

sehr geehrte Mitarbeiter der Arbeitsgruppen.


Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen arbeiten Sie in den beiden Ar-

beitsgruppen, denen die größte Bedeutung für die zukünftige energetische

Ausgestaltung unseres gesunden Lebensumfeldes zukommt. Vor dem Hin

-tergrund des Klimawandels obliegt es Ihnen, die Weichen weiter für die voll

-umfängliche Energiewende zu stellen, um nachhaltig eine Zukunft zu

sichern, in der auch unsere Kinder und Kindeskinder noch eine intakte

Umwelt und ausreichend Zugriff auf die Ressource Nr. 1 – das Trinkwasser

– haben sollen.


Die Energiewende wird nicht von den zur Neige gehenden fossilen Brenn

-stoffen getrieben, sondern vom nicht mehr bestreitbaren Klimawandel. Es

ist 1 Minute vor 12 und wenn Sie die katastrophalen Folgen des

Weiter-so verhindern wollen, dann müssen Sie alles daran setzen, dass nicht nur der

Atomausstieg weiter vorangetrieben wird, sondern auch der sukzessive

Ausstieg aus Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken. Methoden zur Energieein

-sparung müssen weiter erforscht und implementiert werden und die Ent

-wicklung der regenerativen Primärenergie Vorrang vor fossilen Energieträ

-gern erhalten, um den Strom-, Wärme- und Mobilitätsbedarf in Deutschland

zu decken.

Keinesfalls dürfen unnötig umweltschädliche Methoden herangezogen

werden, um den Energiebedarf unseres Industrielandes zu befriedigen. Die

Rede ist vom Fracking, der Aufsuchung und Förderung von Erdgas und

Erdöl, bei der der Untergrund großflächig mit Hilfe von Wasserdruck oder

anderen Mitteln aufgebrochen wird.

Energiepolitisch haben „gefrackte“ Kohlenwasserstoffe

keinen Sinn, denn sie würden auch dann, wenn sie im großen Stil gewonnen würden,

keinen nennenswerten Beitrag zum zukünftigen Primärenergiebedarf

und zur Energiewende leisten.

 

Die nachweislichen Folgen des Fracking sind noch

raschere Klimaerwärmung durch austretendes Methan und massiven CO2

-Ausstoß, Erdbeben und Milliarden Liter hochgiftigen Mülls (Lager

stättenwasser), um nur einige der verheerenden Auswirkungen zu nennen. Allein mit dem Lagerstättenwasser, das bis dato in Niedersachsen in den Untergrund verpresst wurde, ist der Nachwelt ein Erbe aufgebürdet, für das „unverantwortlich“ noch eine Beschönigung ist. Dieses Wasser ist eine Zeitbombe, denn es wird höchstwahrscheinlich die Trinkwasserressourcen im weiten Umfeldlangfristig unbrauchbar machen. Wie kann man es bei den vorliegenden Fakten ernsthaft politisch verantworten, dem gefrackten Gas einen volkswirtschaftlichen Nutzen zuzusprechen?

Über 2/3 der bundesdeutschen Bevölkerung lehnen Fracking bedingungslos ab

. Wir unterstützen alle die Korbacher Resolution für ein bedingungsloses Frac-Verbot von

fossilen Energieträgern.

Über 178 Kommunen, Kreise, Unternehmen, NGOs und Initiativen haben sich ihr weltweit schon angeschlossen.


Frau Kraft, fassen Sie sich ein Herz und denken Sie nicht nur an Bergbau und Schwerindustrie in Ihrem Bundesland! Das wachsende Segment der Erneuerbaren bietet heute schon mehrere Hunderttausend Arbeitsplätze, Tendenz steigend. Bremsen Sie die Energiewende nicht aus, sondern gehen Sie mit der Zeit! Denken Sie an Ihre Nordamerika-Reise im Frühjahr und wie erschrocken Sie waren, als Sie Fracking live gesehen haben!


Herr Altmaier, erinnern Sie sich an Ihre Wahlkampftour:

Sie sagten, beim Fracking wollen Sie auf die Bremse treten. Machen Sie

jetzt Nägel mit Köpfen und schreiben Sie das von über zwei

Dritteln der Deutschen geforderte Fracking-Verbot für Kohlenwasserstoffe

in den Koalitionsvertrag!


Wenn ein Industrieland den Umbau seines Energiesystems, weg von den fossilen und hin zu den erneuerbaren Energien schafft, dann ist es Deutschland, so sagen viele. Lassen Sie nicht zu, dass dieser erreichbare Erfolg vor den Augen der Welt durch ein paar wenige Unternehmen beschmutzt wird, die für einen kurzen, schnellen Gewinn unser schönes Land dauerhaft verschandeln und vergiften! Beweisen Sie dieselbe

politische Verantwortung wie Ihre Kollegen in Frankreich

und arbeiten Sie für ein Fracking-Verbot in Deutschland! Arbeiten Sie für eine grundlegende Reform des Bundesberggesetzes, damit der Schutz des Trinkwassers, der Lebensumwelt und des Klimas Vorrang vor ökonomischen Interessen hat! Beachten und schützen Sie die im Art. 20 a GG verankerte Staatszielbestimmung!


Mit fracklosen Grüßen

Die Initiativen gegen Fracking in Deutschland