Das Bergrecht

Das Bergrecht stammt aus einer Zeit, als Deutschland noch Kriege geführt hat und die Ausbeutung von Rohstoffen das zentrale Ziel war, und Mitbestimmung, Bürgerbeteiligung, Umweltverträglichkeitsprüfung - das hat man da alles nicht auf dem Zettel gehabt. Und genau das brauchen wir jetzt - wir brauchen einen klaren Vorbehalt, dass es schützenswerte Güter gibt, etwa das Grundwasser, das jeder Fracking-Erlaubnis entgegen steht, wir brauchen Maßgaben zur Bürgerbeteiligung, wir brauchen Informationspflichten - wir brauchen ein neues Bergrecht.

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Die Kombination der Zuständigkeitsbereiche des Landesamtes für 1. Bergbau, 2. Energie und 3. Geologie verdeutlicht bereits die Gefahr von Interessenskollisionen.

 

Wie können wir uns die Schwerpunktsetzung in der Interessenabwägung eines Amtes vorstellen, welches dem Wirtschaftsministerium untersteht?

 

Wo bleiben Umwelt- und Nachhaltigkeitsinteressen?

 

Wie werden Bürger beteiligt?

 

Wer verantwortet die Folgen?

 

In Völkersen in Niedersachsen kam es am 23.02.2012 laut der Betreiberfirma RWE Dea und dem LBEG zu einem „sehr ernsten Vorfall“,  so kam es dort zu Kontaminierungen des Grundwassers mit Benzol und Quecksilber. Dabei wurden im Bereich der Leitungen 5700 Mikrogramm pro Liter im Boden nachgewiesen.  Ein durch die Ausbeutung der unkonventionellen Endlagerstätten entstehendes Problem ist nämlich auch der Verbleib der verwendeten Flüssigkeit – Wasser in Mengen von 200 bis 5000 m/3 mit 3-4% Chemikalien pro Frac-Behandlung, die, nachdem sie sozusagen das Gestein wieder verlassen hat,  in sogenannte Versenkbohrungen unter die Erdoberfläche gepresst wird. Die verwendeten Leitungen bestehen in erster Linie aus  Kunststoffen (525 km) und Stahlleitungen (275 km) [lt. LBEG] im Aufsichtsbezirk der Behörde.

 Auf seiner Homepage hat das Landesamt  rund um das Thema Fracken eine Rubrik „häufig gestellte Fragen“ eingerichtet. Allein, dass es dem Pressesprecher notwendig erscheint, diese zu eröffnen, zeigt, dass es genug Bürger gibt, die sich des Themas aus gutem Grund annehmen. Damit ihr euch einen Eindruck der Restrisikoabwägung dieser Behörde machen könnt, hier einige zentrale Fragen und Antworten:

Die in unseren Augen fragwürdigen Passagen haben wir fett hervorgehoben.

Was ist eine unkonventionelle Erdgaslagerstätte?

 

In unkonventionellen Erdgaslagerstätten befindet sich das Erdgas in gering bis sehr gering durchlässigen Gesteinen, liegt gelöst in Wasser oder gebunden an Feststoffen vor. Zu den typischen unkonventionellen Erdgaslagerstätten zählen Schiefergas (Shale-Gas), Kohleflözgas (CBM - Coal Bed Methane), Gashydrat und Erdgas in sehr dichten Gesteinen (Tight Gas). Dieses Erdgas kann nur mit Hilfe spezieller technischer Maßnahmen (z.B. Frac-Behandlung) gefördert werden.

 

Welche Erdgaslagerstätten existieren in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg?

 

Es existieren konventionelle sowie unkonventionelle Lagerstätten aus denen derzeit und in der Vergangenheit Erdgas gefördert wird bzw. wurde. In diesen Bundesländern befinden sich insgesamt 98,5% der deutschen Erdgasreserven, das entspricht etwa 130,51 Milliarden Kubikmetern (Stand 2011).

 

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Wann wird die Öffentlichkeit beteiligt?

 

Bei der Genehmigung von Vorhaben mit einem Fördervolumen von bis zu 500.000 Kubikmeter Erdgas am Tag ist nach der derzeitig bundesweit geltenden Regelung keine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben. […]

 

Wie überwacht das LBEG als Bergbehörde die Erdgasproduzenten?

 

Das LBEG kontrolliert die Umsetzung der erteilten Genehmigungen. Daneben werden stichprobenartig Inspektionen und Befahrungen der Betriebe durchgeführt. […]

 

Besteht zwischen der Erdgasförderung und Erdbeben in Norddeutschland ein Zusammenhang?

 

Nach den bisherigen Kenntnissen kann ein Zusammenhang zwischen Erdgasförderung und Erdbeben nicht ausgeschlossen werden. Der mögliche Zusammenhang soll durch ein vom LBEG initiiertes Messnetz der Erdgasunternehmen geklärt werden.

 

Wer haftet bei Schäden, die durch die Erdgasförderung entstehen?

 

Für einen Schaden haftet der Verursacher (z.B. Bergbauunternehmer), sofern der Geschädigte einen entsprechenden Beweis erbracht hat. Für die Beweisführung ist das LBEG als Bergbehörde nicht zuständig.

 

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Wie viel Wasser wird für eine Frac-Behandlung eingesetzt?

 

In Abhängigkeit der Erdgaslagerstätte werden pro Frac-Behandlung 200 bis 5000 m3 Wasser eingesetzt. Das Wasser stammt meist aus der öffentlichen Wasserversorgung.

 

Kann es zu Verunreinigungen des Grundwassers durch Frac-Behandlungen kommen?

 

Das Bohrloch wird beim Bohren mit Rohren ausgekleidet und nach außen zum Gebirge hin mit Zement abgedichtet. Die Frac-Behandlung wird aus der verrohrten Bohrung heraus gesteuert, so dass die Frac-Flüssigkeit nicht mit grundwasserführenden Schichten in Kontakt gerät. Dem LBEG sind bisher noch keine Hinweise auf Verunreinigungen des Grundwassers im Zusammenhang mit Frac-Behandlungen bekannt.

 

Was passiert mit der Frac-Flüssigkeit im Gestein?

 

Ein Großteil der Frac-Flüssigkeit wird nach der Frac-Behandlung aus der Bohrung zurückgefördert (sogenannter Flowback) und in sogenannte Versenkbohrungen verpresst. Der Rest verbleibt in den behandelten Gesteinsschichten. […]

 

Wie wird die Frac-Behandlung überwacht?

 

Für die ordnungsgemäße Ausführung des Sonderbetriebsplanes ist der Unternehmer verantwortlich. Das LBEG als Bergbehörde führt stichprobenartige Inspektionen durch und prüft die Einhaltung von Genehmigungsauflagen.

 

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Wie ist es zu den Boden- und Grundwasserverunreinigungen an den Lagerstättenwasserleitungen gekommen?

 

Bei hohen Gehalten (im Mittel ca. 3000 µg/l, abhängig von der Lagerstätte) von monoaromatischen Kohlenwasserstoffen wie Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol, den sogenannten BTEX-Aromaten im Lagerstättenwasser kommt es zu einer langsamen Durchdringung (Diffusion/Permeation) der Rohrwand von Leitungen aus Kunststoffen (Polyethylen), ohne dass diese beschädigt wird. Als Folge davon können im Umfeld der Lagerstättenwasserleitungen  Boden- und Grundwasserverunreinigungen auftreten.

 

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Angeblich waren die Materialschwächen schon frühzeitig bekannt. Warum wurde nicht eher etwas unternommen?

 

Nach den Vorschriften der Tiefbohrverordnung (BVOT) ist die Eignung von nichtmetallischen Werkstoffen für Feldleitungen dem LBEG als Bergbehörde nachzuweisen. Dies geschieht durch Gutachten von unabhängigen Sachverständigen. Auch für die Leitungen aus Kunststoffen, an denen Boden- bzw.  Grundwasser-verunreinigungen festgestellt wurden, lagen zum Zeitpunkt der Genehmigung derartige Nachweise vor. Die physikalischen Effekte Diffusion und Permeation sind zwar seit vielen Jahren bekannt, ihr Auftreten und insbesondere ihre Auswirkungen beim Transport von Lagerstättenwasser wurden jedoch früher von den Experten unterschätzt.

 

Wie werden Lagerstättenwasserleitungen überprüft?

 

Die Trassen der Lagerstättenwasserleitungen werden vom Betreiber regelmäßig durch Begehung, Befahrung und/oder Befliegung kontrolliert. Die Leitungen werden regelmäßig von unabhängigen Sachverständigen geprüft. Die Prüfung umfasst insbesondere die Dichtheit der Leitung, dazu werden Druckprüfungen durchgeführt.

Da Austritte auf Grund von Diffusion und Permeation von diesen Prüfungen nicht erfasst werden, werden zusätzlich regelmäßig Boden- und Wasserproben im Umfeld von Leitungen aus Kunststoffen untersucht. Die Prüfungsergebnisse werden dem LBEG vorgelegt.

— LBEG, „Häufig gestellte Fragen.“ (abgerufen am 01.12.2012)

 

 

Wir sind gespannt, ob es euch auch so geht, wie manch einem Kommunalpolitiker, der mit einem Schreiben des Landesamtes konfrontiert, konstatiert, dass dieses mehr Fragen aufwerfe, als es beantworte.

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Ach, und noch ein mysteriöser Fall:

 

Ein hoher Beamter im Landesbergamt (LBEG) hat Ärger wegen eines zweifelhaften Nebenjobs. Der Präsident des Landesbergamts LBEG, Ralf Pospich, hat ein Disziplinarverfahren gegen den Abteilungsleiter eingeleitet, weil der seine problematische Nebentätigkeit nicht angezeigt hatte: Der Leitende Bergdirektor Klaus Söntgerath war seit 2009 als Prokurist einer Firma in Nordrhein-Westfalen tätig, die Produkte für die Montanindustrie vertreibt. Diese kommen zum Teil beim sogenannten Fracking zum Einsatz.

 

Söntgerath trat des öfteren als Vertreter des LBEG gegenüber Fracking-kritischen Bürgerinitiativen auf. Für Genehmigungen war er jedoch nicht unmittelbar zuständig. Beim LBEG ist man sich der Interessenkollision dennoch bewusst. Nach Auskunft der Behörde wäre die Nebentätigkeit Söntgeraths nicht genehmigungsfähig gewesen, hätte er sie bei Übernahme der Prokura im Jahr 2009 angezeigt. Der Bergdirektor habe die Prokura inzwischen niedergelegt, teilte das Bergamt weiter mit. „Es ist durch entsprechende Organisationsmaßnahmen des LBEG-Präsidenten sichergestellt, dass der Beamte keine problematischen Genehmigungsverfahren bearbeiten wird.“ Söntgerath hatte sich in der vergangenen Woche selbst bei der Behördenleitung angezeigt, nachdem sein Nebenjob ruchbar geworden war.

Das Pikante daran: Das Landesbergamt erteilt die Genehmigungen für das umstrittene Verfahren zur Ausbeutung von Gasvorkommen in tief gelegenen Gesteinsschichten. Unter hohem Druck wird ein Cocktail aus Wasser, Sand und Chemikalien in den Boden geleitet, wodurch Risse im Gestein entstehen und das Gas austritt. Unter anderem handelt die Rohstoffhandelsfirma Eiro mit Quarzsanden, Natronlaugen oder Glyzerinen, die in diesem Cocktail verwendet werden. Söntgerath arbeitet also in einer Behörde, die für die Erteilung von Genehmigungen an Erdgas-Unternehmen zuständig ist, und gleichzeitig ist er nebenberuflich für eine Firma tätig, die möglicherweise Rohstoffe an diese Unternehmen liefert. (Quelle HAZ, 27.04.2012)