Ölsand-Abbau in Kanada
Neil Young singt gegen Fracking



Robert Redford und Pamela Anderson protestieren dagegen, nun auch der kanadische Rockstar Neil Young: Bei Anti-Ölsand-Konzerten singt er gegen den umstrittenen Raubbau – und verärgert damit die Regierung und seine Fans.

Er ist einer der weltweit bekanntesten Kanadier und einer der erfolgreichsten obendrein. Er hat Millionen Alben verkauft, er hat Grammys gewonnen und ist Mitglied der Rock’n’Roll Hall of Fame. Neil Young gehört zu den größten Musikern aller Zeiten und trägt den höchsten Orden seines Heimatlandes.

Doch nun erhebt der Musiker seine röhrende Stimme ausgerechnet gegen eines der Lieblingsprojekte der kanadischen Regierung – und handelt sich damit Ärger bei Politikern und Fans ein. Als einer der bislang prominentesten Kanadier spricht sich Young gegen den umstrittenen Abbau von Ölsanden in seiner Heimat aus und unterstützt den Kampf der Ureinwohner gegen neue Förderprojekte.

Die Ölsande seien eine Schande für Kanada, wetterte Young in Toronto zum Auftakt einer Kurz-Tournee, die ihn diese Woche durch vier kanadische Großstädte führt. Die Erlöse will er den Chipewyan-Indianern zukommen lassen, die in der Nähe der gigantischen Abraumhalden leben und seit Jahren politisch und rechtlich gegen die Umweltzerstörungen kämpfen.


Young schließt sich damit einer ganzen Reihe von Prominenten an, die gegen die Ölsande protestieren – oder gegen die Keystone-XL-Pipeline, die das Öl einmal durch die USA leiten soll. Zu ihnen gehören unter anderen der Dalai Lama, Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, die Schauspieler Robert Redford und Pamela Anderson und der „Titanic“-Regisseur James Cameron.

Die Kritik der Rocklegende könnte dabei kaum schärfer sein. Im vergangenen Herbst hatte Young die kanadischen Erdölfelder besucht und war schockiert. Er nannte die Region um die Öl-Stadt Fort MacMurray danach einen „der hässlichsten Orte, die ich je gesehen habe“ und sprach von einem Ödland „wie in Hiroshima“. Am Sonntag zum Konzertauftakt fügte der 68-Jährige hinzu: „Und das war noch milde ausgedrückt.“

Großflächige Zerstörung

Bei Umweltschützern und Wissenschaftlern steht der Abbau seit Jahren auf dem Index. Die Fördergebiete entsprechen laut Greenpeace der Größe Englands und werden großflächig zerstört. Beim Auswaschen der Böden entstehen Abraumhalden zum Beispiel mit Schwefel, verseuchte Absatzteiche und Wolken mit Umweltgiften. Laut Umweltgruppen verursacht die Ölsand-Förderung dreimal mehr Klimagase als die normale Ölgewinnung.


Die Chipewyan-Indianer klagen über Gesundheitsprobleme wie Krebs, Lupus und Asthma, die sie auf die Verschmutzung der Gewässer und Luft zurückführen. „Die Entwicklung der Ölsande ist völlig außer Kontrolle geraten“, sagte Häuptling Allan Adam, als er in Toronto von Young auf die Bühne gebeten wurde.

Konkret wehren sich die Ureinwohner gegen eine vom Shell-Konzern geplante Ausweitung des Abbaus nahe Fort MacMurrary. Die Regierung hatte die Vergrößerung der sogenannten „Jackpine Mine“ von 7500 auf 13.000 Hektar im vergangenen Jahr genehmigt, obwohl die Regulierungsbehörde irreversible Umweltschäden prognostiziert hatte.

Boykott beim Radio

Die Konzerne wollen die Ölsandproduktion in den nächsten Jahrzehnten fast verdreifachen. Im Norden der Provinz Alberta schlummern die nach Saudi-Arabien und Venezuela drittgrößten bekannten abbaubaren Ölvorkommen. Kanada betrachtet diese als eine Garantie zum Aufstieg zur Rohstoff-Supermacht.

Entsprechend verärgert reagierte Premierminister Stephen Harper auf die Anti-Ölsand-Konzerte der Musiklegende. „Sogar der Wohlstand eines Rockstars hängt in einem gewissen Maße davon ab, dass Tausende hart arbeitende Kanadier die Ressourcen heben“, ließ Harper über einen Sprecher mitteilen.

Eine Radiostation in Fort MacMurray protestierte auf ihre Weise gegen die Kritik Youngs: Nach einer Umfrage unter ihren Hörern, viele davon Minenarbeiter, boykottierte der Sender alle seine Songs. „Bleib beim Singen und halte sonst deine Klappe“, schrieb ein Rockfan im Internet. Doch Young gibt sich kämpferisch. Er werde weiter für die Rechte der Indianer und der Umwelt kämpfen, teilte er am Montag mit.


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