Johnsons Kehrtwende beim Fracking

Als Boris Johnson noch Bürgermeister von London war, kam er gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus. Fracking sei eine "glorreiche Neuigkeit für die Menschheit", schrieb er einst in seiner Telegraph-Kolumne. Diese günstige Form der Energiegewinnung sei "wie durch ein Wunder" über Großbritannien gekommen, endlich scheine es eine "Antwort auf die Gebete der Nation" zu geben. Mittlerweile ist Johnson Premierminister und will davon nichts mehr wissen. Am Wochenende vollzog er eine abrupte Kehrtwende: Johnson ließ bis auf Weiteres ein Fracking-Verbot verhängen. Und zwar mit sofortiger Wirkung.


Der offizielle Grund für den Sinneswandel ist die Sorge vor Erdbeben. In der Umgebung der einzig aktiven Fracking-Station zur Förderung von Schiefergas hatte es im August Erschütterungen gegeben. Daraufhin wurde der Betrieb in der Grafschaft Lancashire im Nordwesten Englands ausgesetzt. Nun wurde das umstrittene Fracking von der Regierung in London gänzlich gestoppt. Ein Bericht der zuständigen Kontrollbehörde zeige deutlich, "dass wir weitere inakzeptable Auswirkungen für die örtliche Bevölkerung nicht ausschließen können", sagte Wirtschaftsministerin Andrea Leadsom am Wochenende. Das Fracking-Moratorium gelte so lange, "bis überzeugende neue Beweise" für die Umweltverträglichkeit der Technik vorgelegt würden. Leadsom zeigte sich bei einem Interview mit der BBC enttäuscht, "aber wir haben klar gemacht, dass wir uns nach der Wissenschaft richten".


Der Wahlkampf für die Unterhauswahl im Dezember ist voll entbrannt

Johnsons politische Gegner glauben daran jedoch nur bedingt. Labour-Chef Jeremy Corbyn etwa hält die Fracking-Kehrtwende der Tories vor allem für ein Wahlkampf-Manöver. Es sei der Versuch, ein paar Stimmen zu gewinnen, schrieb Corbyn auf Twitter. Anders als Johnsons Konservative Partei würde Labour Fracking nicht nur für eine bestimmte Zeit aussetzen, sondern für immer verbieten. Fest steht jedenfalls, dass Johnson nicht nur Corbyn damit eines durchaus starken Wahlkampfthemas beraubt hat. Denn neben dem alles überschattenden Brexit zählen vor allem auch Umweltfragen zu den Dingen, die Großbritannien umtreiben.

Die Briten wählen am 12. Dezember ein neues Parlament. Der Wahlkampf ist bereits voll entbrannt. Die Oppositionsparteien versuchen, Johnson mit Nicht-Brexit-Themen unter Druck zu setzen. Da wären etwa die Spaltung des Landes in Arm und Reich, das marode Gesundheitssystem und eben das Klima. Vor Kurzem hatten die Proteste der Umweltschutzgruppe Extinction Rebellion die britische Hauptstadt an vielen Ecken lahmgelegt. Die Demonstranten stellten auf den Straßen Zelte auf und blieben dort für einige Tage. [...]



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