Angriff zeigt kaum Folgen: Nach den Drohnen-Angriffen auf die Produktionsanlagen in Saudi-Arabien am vorletzten Wochenende legte der Ölpreis zunächst um rund 15 Prozent auf knapp 70 Dollar pro Fass zu (für die Marke Brent). Doch schon einen Tag später sank der Preis wieder. Seither hat er sich bei rund 64 Dollar pro Fass eingependelt. Trotz der massiven Schäden an den saudischen Anlagen ist also kein Engpass bei der weltweiten Ölproduktion abzusehen. Das hat vor allem einen Grund: Das Fracking in den USA.
USA sind grösster Ölproduzent: «Wenn der Angriff vor fünf Jahren stattgefunden hätte, hätten wir jetzt wohl eine Ölkrise vergleichbar mit jener Mitte der 1970er-Jahre», sagt Heike Buchter. Die Journalistin lebt in den USA und hat soeben ein Buch über den dortigen Fracking-Boom geschrieben. Heute figurierten die Fracker in den USA quasi als Puffer, nicht zuletzt bei Produktionsengpässen, so Buchter. Tatsächlich sind die USA dank der Fracking-Technik inzwischen zum grössten Ölproduzenten der Welt aufgestiegen. Entsprechend ist die Abhängigkeit der USA von ausländischen Ölproduzenten stark gesunken.
Riesige technische Fortschritte: Die Fracking-Methode ist eigentlich schon seit Jahrzehnten bekannt, bloss war sie bis vor einigen Jahren sehr teuer in der Anwendung. Das so aus dem Boden geholte Öl und Gas war nicht konkurrenzfähig mit jenem etwa aus dem Nahen Osten. Das änderte sich mit dem steigenden Ölpreis, der kurz vor Ausbruch der Finanzkrise Mitte 2008 mit fast 150 Dollar pro Fass seinen Höhepunkt erreichte und in den Jahren 2010 bis 2014 bei rund 90 Dollar lag. «Gleichzeitig suchte die Wall Street nach der Finanzkrise neue Investitionsmöglichkeiten», weiss Buchter. Das Fracking machte dank der Investitionen und der Gewinne grosse technische Fortschritte, die Produktion von Fracking-Öl wurde massiv billiger.
Fracking rentiert: Die Kosten für Fracking konnten deart stark gesenkt werden, dass nicht einmal ein Absturz des Ölpreises Anfang 2016 auf 30 Dollar pro Fass der Technik das Genick brechen konnte. Genau das hatten die Saudis offenbar beabsichtigt, indem sie den Weltmarkt damals mit Erdöl fluteten und der Preis entsprechend fiel. Klar: Manche Fracker in den USA kamen in arge Geldnöte und mussten aufgeben. Andere aber bissen sich durch und trieben die technischen Innovationen voran. Als Ergebnis ist die Produktion von Fracking-Öl heutzutage preislich mit jener saudischen Öls absolut konkurrenzfähig.
Politische Bewegungsfreiheit für Trump: «Die Energiepolitik ist eines der wenigen Politikfelder von US-Präsident Donald Trump, die einer kohärenten Vision folgen», sagt die Journalistin Buchter. Trump reisse Hürden für die Öl- und Gasproduktion in den USA nieder und unterstütze jedwelche Bemühungen, mehr Öl zu produzieren. Durch die so geschaffene grössere Unabhängigkeit von Ölproduzenten in Nahost oder Mittelamerika kann der Präsident auch eine ganz andere Geopolitik verfolgen. «Trump hat in seinen Entscheiden viel mehr Freiheit», stellt Buchter fest. «Das verdankt Washington vor allem den texanischen Frackern.» Heute seien etwa Sanktionen gegen Venezuela oder Russland möglich, ohne dass dies auf den Ölpreis und damit auf die amerikanische und weltweite Industrie grosse Auswirkungen habe.
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