Wie Fracking das Leben in Förderregionen verändert

Den Ruhestand hatte Bob Deering sich anders vorgestellt, als er in den Wald von Tiadaghton zog. Auf einer Lichtung in den Allegheny Mountains, im Appalachen-Gebirge im US-Staat Pennsylvania, errichtete er ein geräumiges Blockhaus, für sich und seine Frau. Das Ehepaar suchte Natur und Abgeschiedenheit, nur sechs Familien leben in der Nachbarschaft. Bis auf tausend Meter hoch reichen die Berge hier. 20 Minuten dauert es mit dem Pick-up-Truck ins nächste Örtchen Waterville. Im Winter kamen einst Skifahrer, im Sommer zog es Wanderer und Jäger in die Berghütten der Gegend.

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Deering ist 67, trägt Baseballkappe und grauen Vollbart. Jagen wollte er auch. Drinnen, im Holzhaus, ziert ein ausgestopfter Luchs das Wohnzimmer, draußen hängt eine US-Flagge am Fahnenmast. Deering ist Patriot, keine Frage. Aber das heißt nicht, dass er mit allem einverstanden ist, was in der Heimat vor sich geht. Vor allem, wenn Wirtschaft und Politik seinen Ruhestand „verkorksen“, wie er sagt.


Über Jahre musste er zusehen, wie sich die ersehnte Idylle vom Natur – in einen Industriepark verwandelte.

Die USA erleben seit einigen Jahren einen Gasboom. Fracking macht es möglich, Schiefergas aus unterirdischen Gesteinsschichten zu pressen. Im Marcellus-Becken, Deerings Nachbarschaft, lagern gewaltige Reserven.


Beim Fracking werden Wasser, Sand und Chemikalien in tiefe Gesteinsschichten gepresst, um diese aufzusprengen und das Gas freizulegen. Zwei Drittel des Gases in den USA wird mit dieser Methode gefördert. Insgesamt ist es soviel, dass der Rohstoff auch ins Ausland verkauft werden kann.

Verflüssigtes Gas (LNG) wird vor allem nach Asien verschifft. Doch Washington will mehr. „Wir werden amerikanische Energie überall hin auf dem Globus exportieren“, sagt Präsident Donald Trump. Seit Monaten drängt er Europa, mehr Gas aus den USA zu kaufen.


10,4 Milliarden Kubikmeter nach Europa

Um 272 Prozent haben Lieferungen in die EU seit dem vergangenen Sommer zugelegt – 10,4 Milliarden Kubikmeter insgesamt. Gemessen am Verbrauch der EU von rund 480 Milliarden Kubikmetern pro Jahr ist der Gasanteil aus Übersee niedrig. Aus den USA kommen auch nur 13,4 Prozent des in die EU importierten LNG. Aber die Lieferungen aus den USA nach Europa sollen weiter steigen.


Das bedeutet auch mehr Gasförderung in den Allegheny Mountains. Naturschützer warnen vor Gefahren für Mensch und Umwelt, die von den verwendeten Chemikalien ausgehen. Fracking gefährdet das Trinkwasser, aus Bohrlöchern kann unkontrolliert das Klimagas Methan entweichen. In Pennsylvania, berichten Medien, ist nicht mal ganz klar, welche Chemikalien zum Einsatz kommen. Unternehmen, sagen Kritiker, erschließen Absatzmärkte in der Ferne, den Menschen nahe der Förderanlagen aber, beachten sie wenig. Leute wie Bob Deering und seine Frau. [...]


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https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/usa-exportieren-mehr-gas-in-die-eu-wie-fracking-das-leben-in-foerderregionen-veraendert/24313718.html