Fracking verschreckt Bierbrauer
Wegen ungeklärter Umweltrisiken beim Fracking machen sich Unternehmen aus der Ernährungsbranche zunehmend Sorgen um die Sicherheit ihrer Lebensmittel aus Niedersachsen. Nicht nur Bierbrauer - auch ein großer Nahrungsmittelhersteller sorgt sich um die Qualität seiner Erzeugnisse.

Hannover. Die norddeutschen Bierbrauer haben bereits Ende November an das Landesbergamt geschrieben, um ihre Bedenken mitzuteilen. „Die Risiken des Abbaus von Schiefergas mittels Fracking sind nicht ausreichend untersucht“, sagte der Geschäftsführer des Brauereiverbandes Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen, Michael Scherer, am Montag. Die Brauwirtschaft sei dem seit beinahe 500 Jahren geltenden Reinheitsgebot verpflichtet und daher auf qualitativ einwandfreies Trinkwasser angewiesen.

Der Informationsbedarf der Unternehmen ist groß, doch die Behörden mauern. Ein großer Nahrungsmittelhersteller aus Süddeutschland hat jüngst eine Delegation in das Wirtschaftsministerium in Hannover geschickt. Das Unternehmen lässt hier unter anderem Karotten anbauen. Mitarbeiter haben über Wochen vergeblich angefragt, wo genau in der Nähe der Felder gefrackt wird - sie wurden beim Landesbergamt abgewiesen, offenbar auf Weisung des Wirtschaftsministeriums.

Erst nachdem die Geschäftsführung im Haus von Minister Olaf Lies direkt intervenierte, bekam das Lebensmittelunternehmen, was es wollte: eine Liste aller bisher in Niedersachsen gesetzten Fracks mit genauer Bohrlochbezeichnung, der Zahl der Bohrungen und wann sie durchgeführt wurden. Die Liste existiert also, doch wer danach beim Landesbergamt fragte, bekam sie bisher nicht. Auch dem Unternehmen wurde sie nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit ausgehändigt. Seit gestern Abend liegt sie auch der HAZ vor. Man habe die Aufstellung zunächst aus vielen einzelnen Akten anfertigen müssen, hieß es vom Landesbergamt zur Begründung.

Die Bierbrauer machen sich ebenfalls Sorgen, was mit Boden und Grundwasser passiert, wenn beim Fracking ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in den Boden gepresst wird. In ihrem Brief von Ende November fordern sie, vorerst keine Genehmigungen zur Förderung von Schiefergas mittels Fracking mehr zu erteilen. Der Abbau von Schiefergas sei „inakzeptabel“, heißt es in dem Schreiben, „solange keine hinreichenden Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden“. Die Brauer sprechen sich außerdem für ein grundsätzliches Verbot von Fracking in Gebieten aus, in denen Wasser zum Trinken und zur Herstellung von Lebensmitteln genutzt wird.

Der Bundesverband der Brauer hatte sich bereits Ende März mit ähnlichen Forderungen an die Bundesregierung gewandt. Die Vereinbarung für eine Große Koalition im Bund hat die norddeutschen Brauer dazu bewogen, noch einmal tätig zu werden. Dort ist ein Fracking-Moratorium für Schiefergas vereinbart. Man möge daher doch zwei für die Zukunft in Niedersachsen geplante Fracks nicht genehmigen, lautet die Bitte der Brauer.